Schon mal reife Himbeeren gepflückt?

Dann wissen Sie auch, warum das so schwierig ist: Denn wirklich reife Früchte bekommen Sie nur dann auf die Zunge, wenn Sie diese vorher mit genau dosierter Entschlossenheit und Fingerspitzengefühl vom Strauch herunter pflücken.
Das ist ein schönes Bild für die Führung von Mitarbeitern, so finde ich. Beim Pflücken von reifen Himbeeren zeugen daher rote Finger von roher Gewalt – oder aber die Himbeere bleibt am Strauch hängen und Sie werden gänzlich um den Lohn Ihrer Mühe gebracht.
Himbeeren kommen übrigens auch mit kargen Standorten zurecht. Vielleicht sind Sie auch schon einmal mitten in der Landschaft überraschend auf einen prächtigen Strauch gestoßen. Die himbeertypischen „kargen Standorte“ stehen dabei für eine Führung, in denen Mitarbeiter befähigt werden, ganz persönlich zu wachsen und sich individuell zu entwickeln. Halten wir fest:

  • Entschlossenheit,
  • Fingerspitzengefühl und das
  • Wissen um den idealen Reifezeitpunkt

sind wohlgemerkt Führungsaufgabe, und nicht die in vielen Unternehmen anzutreffende Mentalität von „das macht unsere Personalabteilung“, die in Seminaren zur Motivationssteigerung – so lange es das Budget erlaubt(e) – eher die Begehrlichkeiten verwaltete.

Warum Teamversagen die strategische Position des Unternehmens gefährdet

Die Zeiten des patriarchalen Unternehmertyps scheinen endgültig vorbei zu sein und auch Personalentwickler bestätigen es: Einzelgänger (oder besser gesagt Draufgänger) bleiben bei den hochkomplexen Vorgängen einer sich immer schneller drehenden Kette von Innovation-Marktreife-Wertschöpfung auf das Team angewiesen. Wer heute noch glaubt, durch seine Einzelleistung punkten zu können ist einfach spät dran. Gefragt sind Teamplayer, Menschen die sich ihrer Stärken und Schwächen bewußt sind.
Das Debakel um TollCollect und die damit für Deutschland nicht zum geplanten Zeitpunkt eingeführte LKW-Maut ließ nochmals spüren, wie entscheidend Zusammenarbeit ist. Sind nicht die sogenannten Global-Player DaimlerChrysler und Telekom, allesamt deutsche Unternehmen, letztlich am zweifellos immens hohen Abstimmbedarf miteinander gescheitert? Häufig wird Teamversagen direkt gefährlich für die strategische Position des Unternehmens.
Gescheiterte Projekte, frustrierte Mitarbeiter und verbranntes Geld sprechen eine deutliche Sprache und daher erkennen weitsichtige Unternehmensführer neu ihre Verantwortung für den Bereich des Empowerments, der Motivation des Einzelnen zu mehr Teamleistung.

  • Performance-Improvement – Checkliste – kurz und knapp
  • Strategie: Was wollen wir erreichen?
    Haben Sie die langfristigen Ziele des Unternehmens und konkrete Vereinbarungen für Bereiche formuliert?
    Wichtig: Machen Sie keine Vorgaben darüber wie die Ziele zu erreichen sind und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen
    => die Mitarbeiter suchen ihren Lösungsweg.
  • Analyse: Wie können wir es erreichen?
    Das spezielle Wissen des Mitarbeiters (Wo hakt es?) nutzen und mit ihm klären: Wie kann ich meine Leistung steigern? Was fördert meine Leistungssteigerung? Was behindert mich meine Leistung zu entfalten?
  • Bedingungsanalyse: Was müssen wir ändern?
    Die vereinbarten Ziele mit allen Teams: Ist das Arbeitsumfeld optimal ausgestattet? Ist der Teamkollege optimal geschult?
  • Koordination: Wie organisieren wir das?
    Eindeutig geregelt: Wer ist für die Veränderung verantwortlich? Wie ändern wir das?
  • Kontrolle: Rechnet sich die ganze Aktion?
    Regelmäßig den Return on Investment berechnen.

Ist die Motivation am Ende?

So läßt sich fragen, wenn im Kampf um Marktanteile die Teamarbeit als partizipative Rationalisierungsstrategie benutzt wird, um Produktivitätsverbesserungen sozialverträglich umzusetzen.

Von allem Anfang an werden hier Äpfel mit Birnen verwechselt, denn „der Erfolg eines Unternehmens hängt vor allem vom Engagement seines Personals ab – erst in zweiter Linie von optimierten Prozessen und Abläufen. Diese Erkenntnis amerikanischer Managementforscher empfinden deutsche Arbeitgeber als revolutionär“.

Falls Sie sich auch jeden Tag mit Problemen von Führung beschäftigen, dann kommt Ihnen das bekannt vor: Eine Motivationslücke (?) dient häufig allein dem bloßen Zweck, die eigene Unzufriedenheit systemkonform zu äußern. „Jammern auf höchstem Niveau“, so fassen manche auch die Bestleistung des deutschen Managements zusammen.

Für die Praxis der Dekonstruktion von Motivationslücken und anderen Wahrnehmungstäuschungen läßt sich festhalten, daß manche scharfsinnige Betrachtung der globalen Wirtschaftlage, der wechselseitigen Abhängigkeiten unserer Volkswirtschaft, der sinkenden Arbeitszahlen, der erlahmenden Produktivität, der zu geringen Investitionen, der unbefriedigenden Tarifpolitik usw. usf. lediglich einen (mehr oder weniger gelungenen) Analysebeitrag darstellt.

Die Dekonstruktion hat zunächst kein Interesse an

  • kausalen Erklärungen
  • einer Pathologie der Wirtschaftsgeschichte
    (Deutscher Weg etc.)
  • beschreibbaren Strukturen
  • der Theorie des „Double-Bind“
    (im Sinne einer Negativdynamik)

Vielmehr ist hier zu fragen nach dem,

  • was offen daliegt
  • was an der Oberfläche liegt
  • was sich als tatsächlich beobachtbare Interaktion des Verhaltens zeigt

Warum nicht den Blick auf die Mitarbeiter selbst lenken?

Sie wissen um das Image Ihres Unternehmens, na klar. Und doch: Was wissen Sie da eigentlich genau? Das tatsächlich beobachtbare Verhalten in der Interaktion Ihrer Mitarbeiter ist die denkbar beste Ausgangslage für eine erste Dekonstruktion.

Aus dem faktischen Verhalten und den (offensichtlichen) Leistungen eines Unternehmens wird letztlich auf das Image eines Unternehmens rückgeschlossen. Zugegeben, an dieser Stelle lassen sich auch analytisch wahre Ursachen für Imageerfolg und -mißerfolg finden. Aber das machen Sie ja vielleicht bereits. Mir geht es vielmehr darum, die eigenen Mitarbeiter als Kunden zu sehen, den Blick wirklich auf das interaktionale Verhalten der Mitarbeiter selbst zu lenken.

Fragen Sie sich:

  • Weiß ich, was bei der Arbeit von mir erwartet wird?
  • Habe ich die Materialien und Mittel, um meine Arbeit richtig zu machen?
  • Habe ich bei der Arbeit jeden Tag Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann?
  • Habe ich in den vergangenen sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung bekommen?
  • Interessiert sich mein Vorgesetzter oder eine andere Person für mich als Mensch?
  • Gibt es bei der Arbeit jemanden, der mich in meiner Entwicklung unterstützt und fördert?
  • Habe ich den Eindruck, daß bei der Arbeit meine Meinungen und Vorstellungen zählen?
  • Geben mir die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma das Gefühl, daß meine Arbeit wichtig ist?
  • Sind meine Kollegen bestrebt, Arbeit von hoher Qualität zu leisten?

Hand aufs Herz: Wann haben Sie die letzte Befragung zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit durchgeführt? Wer kennt die Ergebnisse? Waren sie niederschmetternd?

Mit schöner Regelmäßigkeit hat die Gallup Organization in den letzten 25 Jahren mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten die vorstehenden Fragen in diesem Zusammenhang vorgelegt. Und ganz dekonstruktiv soll hier eben keine Analyse der Ergebnisse versucht werden, denn die Fragen selbst haben es bereits in sich. Die beobachtbare Interaktion des Verhaltens läßt folgenden Schluß zu: Persönliche Entwicklung und Freiraum zu innerem Wachstum zählen mehr als die Höhe des Gehalts.

Verblüffend? Wie war das noch mit der Motivationslücke?

Fazit – Was können Sie also tun?

Um als Unternehmen schneller, innovativer und profitabler zu werden, müssen die Potentiale der Mitarbeiter erkannt und dürfen nicht weiter vernachlässigt werden.

Ein alter Hut, längst bekannt? Mag sein. Erlauben Sie mir eine Gegenfrage: Kennen Sie das Modell des Performance Improvements oben? Wirklich? Wenn ja, mein Kompliment, denn Performance Improvement wird erst in einem von hundert Unternehmen konsequent angewendet. Prof. Borchert von der Universität Duisburg stellt dazu fest: „Zwar sind einzelne Instrumente dieses Managementansatzes den Führungskräften in Ansätzen bekannt. Es fehlt aber durchweg an ihrer Verknüpfung“.
Ein entscheidendes Stichwort! Ohne Verknüpfung verkommt unternehmerisches Handeln zu heillosem Aktionismus. Auch wenn Ihnen das obige Fazit bekannt war, lohnt es allemal, die Verknüpfungen erneut in den Blick zu nehmen. Dazu will Sie der folgende Abschnitt einladen.

Selbst wenn nach Borchert noch Verknüpfungen fehlen, es gibt sie bereits, die „Verknüpfer“, die Unternehmensführer auf der Überholspur. Laut Mittelstandsstudie Herbst 2003 hat lediglich eine Minderheit von 31 Prozent der Unternehmen erkannt, daß sie jetzt in die Beschäftigten investieren müssen. Ist es Zufall, daß es sich dabei genau um solche Unternehmen handelt, die im oberen Drittel aller Unternehmen ausgemacht werden können und deren Geschäfte sich erfolgreich weiterentwickeln?
„Der Erfolg steckt in den Köpfen der Mitarbeiter. Ich investiere lieber in Menschen als in Maschinen“, so läßt sich das Credo weitsichtiger Unternehmer zusammenfassen.
„Aber gerade wenn ich in Mitarbeiter investiere, dann erlebe ich immer wieder, wie ich selbst zunehmend in den Focus gerate. Wissen Sie, Fort- und Weiterbildung kann man ja immer gern ‚verteilen‘, aber wenn es um persönliche Dinge geht, dann spüre ich, da bin ich urplötzlich selbst gefordert“, fragt sich im Coaching die Führungskraft nach der eigenen Identität.

Die erste Verknüpfung muß daher heißen: Kommunikation schafft Identität und Identität schafft Kommunikation. Wer weiß, wer er ist, wird auch davon sprechen. Er wird sich klarer ausdrücken und einfacher von seinem Gegenüber erkannt werden.

In vielen Gesprächen mit Führungskräften habe ich den Eindruck gewonnen, daß gerade der Wandel im eigenen Selbstverständnis nicht nur persönlich, sondern auch für die Stärke eines Unternehmens entscheidend ist.

Gefordert ist der menschlich gereifte Unternehmer. Was bedeutet das?
Dekonstruktiv gesprochen meint das auch ein Entlernen von bisher als sicher angenommenen Verhaltensweisen. Verbunden mit diesem Wandel, wird sich auch die Identität von Führungskräften ändern müssen.

Identität aktiv bilden

  • Fremdeinschätzung
    Wie sehen die Identitäten und Vorstellungen der Mitarbeiter aus?
  • Selbsteinschätzung
    Wie nehme ich wahr (kognitiv und emotional)?
  • Balance von Selbst und Darstellung
    (Wechsel zwischen Manager und visionärer Führung)
    : Welche Signale von Identität sende ich?
    : Welche Schlüsselfiguren gibt es im Unternehmen?
    : Welche Einflußressourcen setze ich ein?

Identität als Aushandlungsprozeß

„Wer soll die Identität denn ändern?“, diese Frage im Coaching zeigt die irritierende Kraft verschiedenster Einflußgrößen. „Natürlich müssen Sie da selbst ran,“ war meine unmißverständliche Antwort. Das bleibt trotz aller Diskussion um Leadership keinem erspart. Oder besser: Das sollte sich niemand nehmen lassen. Denn die „feste Verankerung einer entsprechenden Kultur ist laut Kotter das Höchste was Führungskunst erreichen kann.“ Für die Verhandlungssache Führungsidentität ließen sich zweifellos eine Reihe von Bedingungen finden. Dekonstruktiv läßt sich aber nicht eindeutig entscheiden, welche Faktoren bestimmend wirken.

Woran kann man sich da also halten?

Eindeutig abfragbar hingegen sind die Mitarbeitererwartungen. Die Gallup Organization hat auch das gemacht und gefragt, wie der eigene Chef sein sollte:
… ein sehr gutes Fachwissen haben – 54 %
… zu seinen Entscheidungen stehen – 53 %
… der Menge an Aufgaben und Problemen gewachsen sein – 50 %
… ein offenes Ohr für Kritik haben – 44 %
… ein Herz für seine Mitarbeiter haben – 33 %
… seine Mitarbeiter mit starker Hand führen – 10 %

Im Aushandlungsprozeß von Identität wird daher die von ihnen reflektierte Erwartung der Mitarbeiter, neben der emotionalen Fähigkeit, zu einem wesentlichen Bestandteil die Mitarbeiter erfolgreich an das Unternehmen zu binden.

Identität mit Außenwirkung

Erfolgreiches Empowerment wird Kreise ziehen, Erfolg zieht Erfolg an. Das beweisen einige süddeutsche Industrieunternehmen, die es allen Unkenrufen zum Trotz verstanden haben, ihre Mitarbeiter über weitergehende Qualifizierung erfolgreich an sich zu binden. Kein Wunder, daß die Attraktivität für gute Leute mittlerweile zu den entscheidenden Faktoren von starken Unternehmen gezählt wird. Wer da allein auf die Kosten schaut, ist einfach noch nicht angekommen.

Ausblick
Das Thema Identität bleibt dreifach spannend:
– auf der persönlichen Ebene
– auf der Ebene der Kommunikation im Unternehmen und weiter
– auf der Ebene der kommunizierten Identität des Unternehmens selbst.

Diesem Spannungsfeld von Identität und Information möchte ich daher in einem ersten Schritt näher kommen.
Im zweiten Schritt gilt die Aufmerksamkeit dann dem Was und Wie der Kommunikation selbst.
Für viele Führungskräfte besteht der Alltag zwar zur Gänze aus Kommunikation. Aber so zu kommunizieren, daß die Vorannahmen von Mitarbeitern zunächst dekonstruiert bzw. deblockiert werden, um dann wirklich Lösungen zu finden – dafür sind Impulse in den meisten Fällen hochwillkommen.

In einem dritten Schritt werden Werkzeuge vorgestellt, mit denen Führungskräfte neu oder mit anderem Blick hochinteressante Bereiche der Unternehmenskommunikation paßgenau funktionieren lassen können. Dabei werden Aspekte des Storytelling und der motivationalen Führung miteinander verzahnt zu einer Führung als Konstruktion.

Schauen Sie bald wieder hier vorbei!
Ihr
Peter Ewers